Dark und Grey Traffic — ein großes Problem für das Online-Marketing und Digital Analytics

By
Matthias Bettag
,
Sr. Data Strategist
September 9, 2024
2 min read
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In der sich entwickelnden Landschaft des Online-Marketings und der digitalen Analyse ist das genaue Tracking und die Analyse des Website-Traffics eine der größten Herausforderungen geworden. Zwei zunehmend entscheidende Themen sind „Dark Traffic“ und „Grey Traffic“.

Diese Begriffe beziehen sich auf Shop- und Website-Besuche, die entweder unsichtbar sind (Dark Traffic) oder keine Datenaktivierung erlauben und daher nicht von Personalisierungs- oder CX/UX Optimierungs-Tools operationalisiert werden können (Grey Traffic). Die Auswirkungen sind tiefgreifend und führen zu verzerrten Daten, unwirksamen Marketing-Strategien und vielen verpassten Optimierungsmöglichkeiten.

Was ist Dark Traffic?

Dark Traffic bezieht sich auf Website-Besuche, die nicht durch Analyse-Tools erfasst werden, weil die Nutzer keinen Consent gaben.

Dieses Problem ergibt sich häufig aus den Datenschutzbestimmungen wie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in der Europäischen Union oder dem California Consumer Privacy Act (CCPA). Websites müssen grundsätzlich die Zustimmung (Consent) der Nutzer einholen, bevor sie deren Verhalten inkl. aller laufenden Aktivitäten, einschließlich potentieller personenbezogener Daten, erfassen und nutzen. Ohne eine solche Zustimmung findet ein Besuch zwar statt, wird aber nicht aufgezeichnet.

Ein Consent-freies Webtracking kann ermöglicht werden, wenn – neben anderen Anforderungen – nur Sessions getrackt werden, ohne eine Besucher-ID zu setzen - ein einfacher Ausweg, um Dark Traffic zu vermeiden. Da die Besucher-ID aber für viele Online-Marketing-Methoden, wie Customer Journey-Analysen, Touchpoint-Attribution, LTV- und RFM-Modellierungen usw. benötigt wird, werden diese Methoden deutlich ineffektiver.

Dark Traffic führt daher zu Datenlücken in unbekannter Größe. Ohne ausreichend vollständige Tracking-Daten können Marketing-Strategien fehlgeleitet werden, zu falschen Annahmen über Nutzerpräferenzen führen, die Analyse von Kampagnen erschweren und deren Wirksamkeit verringern. Das Nutzererlebnis innerhalb des Dark Traffic-Segments ist völlig unbekannt.

 

Zunehmender Anteil von Grey Traffic

Grey Traffic hingegen bezieht sich auf Besuche, die zwar im Basis-Tracking erfasst werden, aber keinen Consent zu Cookies weiterer Tools gaben.

Damit können die allermeisten Personalisierungs-Tools wie z.B. Customer Data Platforms (CDPs), UX/CX Optimierung, smarte Onsite-Suchen, usw. den Grey Traffic nicht operationalisieren. Solange die Datenaktivierung  von diesen Tools ausgeht, kann keine user-individuelle Personalisierung für Grey Traffic angezeigt werden. Gängige Optimierungs-Tools können nur einen Teil des gesamten Traffics operationalisieren. Das Problem wird auch nicht dadurch gelöst, dass man nur auf 1st-Party-Cookies umsteigt, was irreführenderweise „cookieless“ genannt wird; es wird höchstens ein wenig gemildert.

Grey Traffic ist also ein Problem für alle online Marketing-Maßnahmen, die mit Consent-pflichtigen Tools umgesetzt werden.

 

Auswirkungen von Dark und Grey Traffic

Sowohl Dark als auch Grey Traffic führen zu unvollständigen oder verzerrten Datensätzen, die den Kern datengesteuerter Marketing-Strategien in Frage stellen. Bei Dark Traffic ist das Problem die Untererfassung des Traffics, die zu Datenlücken und einer verzerrten Sicht auf das Nutzerverhalten führt. Grey Traffic ist zumindest sichtbar, stellt aber eine andere Herausforderung dar: Nicht für alle erfassten Besuche kann eine Optimierung ausgeliefert werden. Je nach dem betrifft das in guten Fällen „nur“ 30%, aber oft 50-80% des gesamten Traffics im E-Commerce.

 

Lösungsansätze

Um diese Herausforderungen zu überwinden und 100% des Traffics mit einer optimierten UX/CX zu bedienen, muss eine Lösung unabhängig von Cookies und Consent funktionieren.

Ein Ansatz, um wenigstens Dark Traffic zu vermeiden, ist die Verwendung von Server-seitigem Tracking oder einem (ggf. zusätzlichen) Consent-freiem Tracking, das sich nur auf Session-Basis und ohne Besucher-IDs und auf datenschutzkonforme Tools beschränkt. Aus diesem Grund wird das kontextbezogene Targeting im Performance-Marketing immer beliebter. Dieses Targeting liefert Anzeigen und Inhalte auf der Grundlage des Kontexts der Werbeplatzierung aus, z.B. der Seitentyp, aktuelle Zielgruppe, Art der Inhalte, Keywords, usw. Der Ansatz ist zwar weniger präzise als ein nutzerindividueller Ansatz, erlaubt aber eine größere Reichweite.

Aus Sicht der Onsite-Optimierung ist eine sofortige Datenaktivierung für den aktuellen Nutzer erforderlich. Dies erfordert eine Echtzeit-Analyse jedes Besuchs und jedes Klicks. Die Analyse der verfügbaren Datenpunkte (einschließlich anonymer Datenpunkte aus dem User Agent, wie z.B. Gerätetyp, Geographie, Referrer, Tag/Zeit, Browser, Betriebssystem, usw.), sowie der getätigten Klicks innerhalb einer Session, ermöglicht die Identifizierung einer Look-alike-Audience pro Nutzer und Klick aus der eigenen Datenhistorie.

Diese Look-alike-Audience muss

  1. groß genug sein, um statistisch signifikant zu sein, und
  2. sie muss klein genug sein, um für den aktuellen User relevant zu sein.

Anhand des aktuellen, situativen Nutzerverhaltens können so die wahrscheinlichsten Nutzerpräferenzen vorhergesagt und sofort ausgespielt werden.

Die Identifizierung einer Look-alike-Audience auf der Grundlage des aktuellen, situativen Nutzerverhaltens ermöglicht die Vorhersage der für den aktuellen Besuch höchstwahrscheinlich relevantesten Produkte oder Themen, die sofort in Millisekunden angezeigt werden müssen.

Dieser Ansatz erfordert die Fähigkeit zur Durchführung komplexer Echtzeit-Analysen und eine Echtzeit-Schnittstelle für die Datenaktivierung. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass von der ersten Impression eines Besuchs an stets relevante und personalisierte Inhalte angezeigt werden, die dann mit jedem weiteren Klick kontinuierlich angepasst werden.

 

Fazit

Die Problematik von Dark und Grey Traffic stellt das Online-Marketing und die digitale Analyse vor große Herausforderungen. Die Analyse und Wirksamkeit von Marketing-Strategien und die Optimierung der Benutzererfahrung werden so untergraben, erschwert oder gar verhindert. Es ist Zeit für neue, moderne Methoden im Online-Marketing und E-Commerce, die einerseits den Datenschutzanforderungen entsprechen und gleichzeitig andererseits auch für kontinuierliche Optimierungen sorgen und vor allem alles aus den vorhandenen, historischen Daten herausholen.

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